Konzept

 

An der Abteilung für Didaktik der Physik der Universität Erlangen-Nürnberg werden neue Zugänge zur Quantenphysik für das Gymnasium und für die Ausbildung an Universitäten entwickelt. Die Homepage möchte einen Überblick über Realexperimente zu den Grundlagen der Quantenphysik (Unteilbarkeit, Verschränkung, Interferenz, ...) und Anwendungen (Quantenzufallsgenerator, Quantenkryptographie, ...) geben. Jedes Experiment auf der Homepage enthält qualitative Zugänge für die Schule und entsprechende Kapitel für die Universität. Die Homepage befindet sich im Aufbau.

 

Photon als exemplarisches Beispiel:

Die Grundlagen der Quantenphysik können mit verschiedenen Quantenobjekten gezeigt werden, z. B. Photonen, Elektronen, Atome, Moleküle und Fullerene. Wir haben uns exemplarisch für Photonen entschieden. Photonen lassen sich leicht erzeugen, sie zeigen während des Experimentes keine Dekohärenz und sie sind mit Detektoren leicht nachweisbar. Experimente mit Licht benötigen kein Vakuum und können bei Raumtemperatur durchgeführt werden. Photonen besitzen zudem eine große Bedeutung in der Quanteninformationsverarbeitung. Auf diesem Gebiet werden einzelne Quantenobjekte gezielt zur Informationsübertragung genutzt. Erste Anwendungen sind bereits kommerziell erhältlich [IdQ08].

 

Experimente mit Photonen in der Schul- und Universitätsausbildung:

Standardexperimente zur Quantenphysik wie der Photoeffekt [Mil16], der Comptoneffekt [Com23], der Doppelspaltversuch und das Mach- Zehnder- Interferometer sind Bestandteile jeder physikalischen Ausbildung. Die gesamten Experimente haben allerdings einen Nachteil: Sie sind kein Nachweis für die Quantennatur des Lichts. Der Comptoneffekt, der Doppelspaltversuch und die Interferometer lassen sich klassisch mit einer elektromagnetischen Welle erklären [Dod83]. Der Photoeffekt lässt sich semiklassisch mit einer elektromagnetischen Welle und quantisierter Materie im Detektor erklären [Man64], [Lam69]. Neben den Experimenten existieren für die Schule und die Universität evaluierte Konzepte zur Vermittlung der Quantenphysik, die einzelne Photonen als Quantenobjekte nutzen [Mue00], [Mue03], [Kue03], [Pos99]. Darüberhinaus gibt es zahlreiche Veröffentlichungen, Skripte und Bücher zum Thema. Fast immer werden semi-klassisch erklärbare Versuchen verwendet. An Stelle von Experimenten mit einzelnen Quanten werden Gedankenexperimente erläutert, Simulationen verwendet und selten Originalexperimente beschrieben. In den USA werden seit wenigen Jahren Realexperimente zur Quantennatur von Licht in die Physikausbildung integriert [Tho04], [Gal05].

 

Der Erlanger Ansatz zur Quantenphysik:

Als Grundlage einer Einführung in die Quantenphysik entwickeln wir Experimente zur Quantennatur des Lichts. Mit den Experimenten sollen die Phänomene der Quantenwelt wie die Nichtteilbarkeit oder die Verschränkung unmittelbar in Erscheinung treten. Der qualitative Zugang über das Experiment wird intensiver behandelt als der mathematische Formalismus. Neben den Grundlagen der Quantenphysik sollen Anwendungen aus der Quanteninformation vermittelt werden. Damit erhalten Schüler und Studierende auch Einblicke in die Grundlagenforschung, da die gleichen Methoden und Geräte verwendet werden. Unser didaktischer Ansatz um die quantenphysikalischen Grundlagen über das Experiment zu vermitteln ist eine Kombination aus Internetauftritt mit interaktiven Experimenten und einem Schülerlabor mit Realexperimenten an der Universität Erlangen-Nürnberg.

 

Quantenoptische Experimente für die Ausbildung:

Zur phänomenorientierten Betrachtung der quantenoptischen Experimente mit einzelnen Photonen verwenden wir zur Anzeige der Messergebnisse die beiden Ansätze "Einzelpulsbetrieb" und "kontinuierlicher Betrieb". Beim Einzelpulsbetrieb sendet der Laser auf Knopfdruck nur so lange einzelne Lichtpulse aus, bis eine Detektion erfolgt. Die jeweilige Detektion wird über eine Leuchtdiode direkt an dem entsprechenden Detektor angezeigt. Dieser Ansatz wird in vielen didaktischen und populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen verwendet [Mer81], [Mer94], [Zei05] - eine experimentelle Realisierung blieb bisher aus. Beim kontinuierlichen Ansatz läuft das Experiment wie in der Forschung üblich im kontinuierlichen Betrieb. Die jeweilige Datenrate wird am Computer in Ereignisse pro Sekunde angezeigt. Im kontinuierlichen Modus sind Statistiken wie z. B. das Strahlteilerverhältnis sofort zugänglich. Beide Ansätze werden sowohl in Realexperimenten als auch in den interaktiven Experimenten verwendet. Eigentlich müssen Experimente mit einzelnen Photonen in kompletter Dunkelheit erfolgen. Für Experimente z. B. innerhalb eines Schülerlabors ist diese Dunkelheit ungeeignet. Wir verwenden vor jedem Detektor optische Filter, die nur Photonen mit der Wellenlänge von 800±40nm durchlassen. Die Laborbeleuchtung erfolgt mit weißen LED-Strahlern (Wellenlänge <750nm). Somit kann der Versuchsaufbau auch während der Messung beleuchtet werden.

 

Interaktive Experimente:

Die quantenoptischen Experimente sollen auch ohne das Realexperiment zur Ausbildung eingesetzt werden können. Als Methode greifen wir hierzu auf interaktive Bildschirmexperimente (IBE) zurück [Kir07], [Bro09]. Grundlage jedes interaktiven Experimentes ist der reale quantenoptische Versuchsaufbau der in verschiedenen Perspektiven und Einstellungen photographiert wird. Die Einzelbilder werden von uns in einem Programm miteinander verknüpft. Der Benutzer kann am Computer z. B. den Laser an- und ausschalten oder die Stellung einer Wellenplatte mit der Computermaus verändern. Die Messergebnisse zur jeweiligen Einstellung stammen aus dem eigentlichen Experiment. Das interaktive Experiment ist somit keine Simulation. Die Messergebnisse zu jedem interaktiven Experiment können jeweils am Ende der jeweiligen Internetseite heruntergeladen werden. Für Echtzeitdaten ist es möglich das IBE direkt mit dem Laborserver und damit mit dem Realexperiment zu verbinden.

 

Quantenphysik im Schulunterricht der Sek. I:

Das Konzept: "Quantenphysik mit einzelnen Photonen" wurde an einem bayerischen Gymnasium in einer 10. Klasse mit 150 Schülern erprobt. Das Unterrichtskonzept besteht aus einer Unterrichtseinheit zu den Quantenphänomenen, aus einer Projektarbeit zur Quantenkryptographie und einer Exkursion zu den Schülerlaboren an der Universität Erlangen-Nürnberg. Beim Unterrichtskonzept wurde viel Wert auf qualitative Wissensvermittlung und schüleraktivierende Methoden gelegt. Wir bieten zum Konzept kostenlose Fortbildungen für Lehrer an. Die erarbeiteten Unterrichtsmaterialien können auf der Homepage heruntergeladen werden.

 

Autor: Patrick Bronner, April 2009